Sachverhalt:

1./     Rechtsgrundlage und Regelungsbereiche

Die Erhaltungssatzung ist ein eigenständiges städtebauliches Instrument, das die städtebauliche Eigenart eines Gebiets erhalten und bewahren soll.

Nach den §§ 172 bis 174 Baugesetzbuch (BauGB) kann die Gemeinde in einem Bebauungsplan oder durch (sonstige) Satzung Gebiete bezeichnen, in denen der Rückbau (Abbruch), die Änderung oder die Nutzungsänderung baulichen Anlagen einer Genehmigung bedürfen. Das BauGB unterscheidet dabei drei Tatbestände:

·           die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt (hier maßgeblich),

·           die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung oder

·           die Sicherung städtebaulicher Umstrukturierungen.

Ist die Erhaltung des Gebiets aufgrund seiner städtebaulichen Gestalt Gegenstand der Satzung, bedarf auch die Errichtung baulicher Anlagen der Genehmigung. 

Mit dem Instrument der Erhaltungssatzung lässt sich somit eine Baugenehmigung für ein Vorhaben versagen oder nicht in Aussicht stellen, das zwar planungsrechtlich zulässig ist, jedoch als Fremdkörper den Zielen der Erhaltungssatzung widerspricht.

Dabei darf die Gemeinde mit der Erhaltungssatzung nicht Ziele des Denkmalschutzes, sondern ausschließlich städtebauliche Ziele verfolgen. Diese können allerdings die Erhaltung historischer Bausubstanz mit umfassen, denn Gegenstand einer Erhaltungssatzung kann auch die Ausstrahlungswirkung des Denkmalschutzes in das Bauplanungsrecht sein.

Gebiete mit Erhaltungssatzungen können auch mit Gestaltungssatzungen nach dem Bauordnungsrecht und Satzungen nach dem Denkmalschutzrecht überlagert werden. Die unterschiedlichen Wirkungsbereiche können sich hier sinnvoll ergänzen. Nach Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zu § 172 BauGB können mit Gestaltungssatzungen vor allem solche Veränderungen verhindert werden, die von der bundesrechtlichen Erhaltungssatzung nicht oder nur mit Schwierigkeiten erfasst werden. Auch das Denkmalschutzrecht erfasst z.T. Veränderungen, die auf Grund der Erhaltungssatzung nicht verhindert werden können, z. B. wenn es um den sog. Innenschutz erhaltenswerter baulicher Anlagen geht. Umgekehrt bedeutet die denkmalrechtliche Unbedenklichkeit eines Vorhabens keineswegs zwangsläufig, dass es damit auch erhaltungsrechtlich zulässig sein muss.

Eine im Satzungsgebiet beantragte Baugenehmigung darf nur versagt werden, wenn das zur Genehmigung gestellte Vorhaben die in der Erhaltungssatzung konkretisierten Erhaltungsgründe beeinträchtigen würde. Die Verweigerung einer nach der Erhaltungssatzung erforderlichen Genehmigung kann nur auf die in § 172 Abs. 3 und 4 BauGB genannten Gründe gestützt werden. Nach § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB darf die Genehmigung zur Veränderung einer baulichen Anlage versagt werden, weil die bauliche Anlage das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt oder sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist. Ob einer dieser Gründe gegeben ist, muss für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung der mit der Satzung verfolgten städtebaulichen Erhaltungsziele und mit Blick auf das Interesse des Eigentümers an der genehmigungspflichtigen Maßnahme (Art. 14 Abs. 1 GG) entschieden werden. So kann im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung die Erneuerung des Außenanstrichs eines Gebäudes wegen ihrer städtebaulichen Wirkung als "Änderung" einer baulichen Anlage anzusehen sein.

 

 

2./     Erhaltungssatzung der Stadt Haan vom 24.10.1980 (Anlage 1)

Die auf der Grundlage des damaligen Bundesbaugesetzes erstellte Erhaltungs-satzung umfasst den Geltungsbereich der Innenstadt Haan (mit Inkrafttreten der Satzung für den Denkmalbereich II „Stadtmitte Haan“ am 18.11.1985 vermindert um den Denkmalbereich II, siehe unter Nr. 3), des Ortskerns von Gruiten (Bereich um die Bahnstraße) sowie das historische Dorf Gruiten. Sie wurde aufgestellt, um die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart in den v. g. Stadtgebieten aufgrund ihrer jeweiligen städtebaulichen Identität zu sichern. Ebenfalls Gegenstand der Satzung sind die „denkmalwerten“ Gebäude, die aus städtebaulichen Gründen, insbesondere wegen ihrer historischen Bedeutung erhaltenswürdig sind.

Die Erhaltungssatzung ist allerdings auf Grund ihrer veralteten Rechtsgrundlage, aber auch wegen der aus heutiger Sicht unzureichenden Regelungsinhalte und Begründung nicht mehr zeitgemäß. Ihre Anwendung droht im Fall eines gerichtlichen Streitverfahrens zu scheitern. Deshalb ist die Erhaltungssatzung der Stadt Haan vom 24.10.1980 auf der Grundlage des aktuellen Bauplanungsrechts neu aufzustellen und hierbei insbesondere um eine städtebauliche Begründung der Erhaltungsziele zu ergänzen. Grundlage hierzu bietet die im Rahmen des „Integrierten Handlungskonzepts Innenstadt Haan“ erarbeitete Gestaltungsfibel.

 

 

3./     Satzung für den Denkmalbereich II „Stadtmitte Haan“ vom 18.11.1985

          (Anlage 2)

Für das Gebiet des Denkmalbereichs II „Stadtmitte Haan“ beschloss der Rat der Stadt Haan am 18.11.1985, die Erhaltungssatzung vom 24.10.1980 aufzuheben und durch eine Denkmalbereichs-Satzung zu ersetzen. Im Gegensatz zu der Erhaltungssatzung aus dem Jahre 1980 wird in § 3 dieser Satzung,  auf die schützenswerten Eigenschaften des Denkmalbereichs eingegangen und das Gutachten des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege vom 19.01.1984 als Anlage beigefügt. In § 4 wird zudem erstmalig auch die Errichtung von baulichen Anlagen unter den denkmalrechtlichen Genehmigungsvorbehalt gestellt.

 

 

4./     Handlungsfeld „Städtebauliche Gestaltung und innerstädtische Plätze“ im Rahmen des „Integrierten Handlungskonzepts Innenstadt Haan“

Derzeit befinden sich auf Grund des o. g. Handlungsfeldes die „Gestaltungsfibel“ als Leitfaden zur Verbesserung und Weiterentwicklung des ortstypischen Erscheinungs-bildes der Haaner Innenstadt und parallel hierzu die „Gestaltungssatzung Haan Innenstadt“ in ihren Aufstellungsverfahren (SV 61/181/2017 und SV 61/190/2017).

Wie in der Gestaltungsfibel unter Kapitel 8.6 erläutert, kann die Bestandsanalyse der Fibel auch als Herleitung und (erforderliche) Begründung der Erhaltungssatzung herangezogen werden. Damit ist die Grundlage vorhanden, um die „in die Jahre gekommene“ Erhaltungssatzung der Stadt Haan aus dem Jahr 1980 im Hinblick auf die gestiegenen rechtlichen Anforderungen gemäß § 172 Absatz 1 Nr. 1 BauGB zu aktualisieren, dies allerdings nur für den Geltungsbereich „Haan-Innenstadt“. 

Für die Teilbereiche in Gruiten muss die alte Erhaltungssatzung aus dem Jahre 1980 vorerst bestehen bleiben, da die Bestandsanalyse der Gestaltungsfibel als Begründungs-Grundlage für diese Bereiche nicht herangezogen werden kann. Für diese Teilbereiche sind gesonderte Bestandsanalysen durchzuführen.

 

Die Gestaltungsmerkmale im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung beziehen sich in erster Linie auf bauliche Anlagen. Allerdings können auch Grundstücksteile oder Bereiche von Grün- und Freiflächen sowie Plätze und Straßen von einer Erhaltungssatzung erfasst sein.

Dabei schreibt die Erhaltungssatzung keine genauen Gestaltungsregeln vor, sondern enthält Rahmen setzende Vorgaben. Sie werden aus den stadtbildprägenden Gestaltstrukturen abgeleitet. Innerhalb dieser Strukturen sind vielfältige, das Wesenhafte wahrende Gestaltelemente auch mit neuzeitlicher oder moderner Architekturhandschrift möglich.

Von der Erhaltungssatzung erfasst werden auch sämtliche, normalerweise nicht baugenehmigungspflichtige Baumaßnahmen, zum Beispiel ein neuer Fassadenanstrich, eine neue Dachdeckung, ebenso Werbeanlagen oder Veränderungen auf dem Grundstück. In diesen Fällen sind Genehmigungen erforderlich.

 

 

5./     Entwurf der Erhaltungssatzung mit ihrer Begründung

Basierend auf den geänderten Rechtsgrundlagen sowie auf den Gestaltungsleitlinien der Haaner Innenstadt („Gestaltungsfibel“) wurde die Entwürfe der Erhaltungssatzung und ihrer Begründung erarbeitet (s. Anlagen 3 und 4). Die Rechtsgrundlagen wurden auf den aktuellen Stand des Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Art. 6 G zur Anpassung des Umwelt-RechtsbehelfsG und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29.5.2017 (BGBl. I S. 1298) angepasst.

Entsprechend der in § 172 Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 3 BauGB enthaltenen Regelungen wird analog zur Denkmalbereichssatzung (siehe Kap. 3) auch die Errichtung baulicher Anlagen unter den Genehmigungsvorbehalt aus städtebaulichen Gründen gestellt. Inhaltlich wird auf die beigefügte, neu erstellte Begründung Bezug genommen (in der alten Fassung ist eine Begründung nicht enthalten).  

Der Geltungsbereich wurde in § 1 „Gebietsabgrenzung“ wieder auf den vollständigen Bereich „Haan-Innenstadt“ festgelegt, um in der Überlagerung mit der Denkmalbereichssatzung und der Gestaltungssatzung einen umfassenden Schutz des Bereichs Haan-Innenstadt zu gewährleisten (siehe Kapitel 1).

 

6./     externer Bereich Diekerhofstraße

Die Gebäude Diekerhofstraße Nr. 3 - 12 und Dieker Straße Nr. 15/17 und 19 bilden als homogener, durch den Bauverein in den Jahren von 1928 bis ca. 1930 errichteter Gebäudebestand ein Gesamtensemble, der als Beispiel des Arbeiterwohnungsbaus der Zeit für die Stadt Haan einzigartig ist. Folgerichtig liegen sie auch innerhalb des Geltungsbereichs der Erhaltungssatzung vom 24.10.1980, welcher im Rahmen der Neuaufstellung hier unverändert übernommen wird.

Dass die Gestaltungsfibel nur den inneren Bestand (die Gebäude Diekerhofstraße Nr. 3 – 10) erfasst, ist für ihren Gebrauch, insbesondere für die Erarbeitung der Satzung unschädlich, da die erfassten Gestaltmerkmale dieser Gebäude auch für den Gesamtbestand repräsentativ sind.

 

 

7./     Weiteres Verfahren

Gemäß Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Kommentar zu § 172 BauGB findet bei der Aufstellung einer Erhaltungssatzung weder das Bauleitplanverfahren noch ein diesem nachgebildetes, besonderes Verfahren Anwendung. Insbesondere ist keine Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange wie im Bauleitplanverfahren vorgesehen. Auch eine Begründung ist formal nicht (zwingend) erforderlich, dennoch mindestens zum Nachweis der Festlegungsvoraussetzungen sowie einer auch hier erforderlichen, wenn auch beschränkten Abwägung, zweckmäßig.

Obwohl bei der Aufstellung einer Erhaltungssatzung gemäß § 172 BauGB Beteiligungen der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange formal nicht vorgesehen sind, empfiehlt die Verwaltung, analog zur Bauleitplanung auf Grundlage der Entwürfe der Erhaltungssatzung und ihrer Begründung die Öffentlichkeit und die berührten Träger öffentlicher Belange zu beteiligen, wobei die Entwürfe für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt werden. Die Behörden und Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, werden von der öffentlichen Auslegung benachrichtigt und um Abgabe einer Stellungnahme gebeten.

Die im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingegangenen Stellungnahmen werden anschließend geprüft und dem Rat zur Beratung und Entscheidung über den Beschluss als Satzung vorgelegt.

Nach erfolgtem Beschluss und Bekanntmachung im Amtsblatt kann die Erhaltungssatzung mit ihrer Begründung in Kraft treten. Die Verwaltung empfiehlt, der vorgelegten Erhaltungssatzung Haan-Innenstadt mit ihrer Begründung, jeweils in der Fassung vom 28.09.2017, zuzustimmen.

 

Beschlussvorschlag:

„1./  Den Entwürfen der Erhaltungssatzung Haan-Innenstadt und ihrer Begründung, jeweils in der Fassung vom 28.09.2017 wird zugestimmt. Der Geltungsbereich der Erhaltungssatzung Haan-Innenstadt umfasst die folgenden Straßenzüge bzw. Straßenabschnitte:

       Alsenstraße (Nr. 1 und 2), Alter Kirchplatz, Alte Ley (nur Nr. 2 und 4), Am Ideck (nur Nr. 30), Am Küppershäuschen (nur Nr. 22 und 26), Bahnhofstraße (Nr. 16-88 und 17-87), Bismarckstraße (Nr. 1-9 und 10-16), Bleichstraße, Breidenhofer Straße (Nr. 1-9 und 4-18), Dieker Straße (Nr. 17 und 19, Nr. 57-105 und Nr. 60-106), Diekerhofstraße (Nr. 1-11 und 2-12), Düppelstraße (Nr. 1a-15 und 2-10), Ellscheider Straße (Nr. 1-31 und 8-30), Friedhofstraße (nur Nr. 4), Friedrichstraße (Nr. 1-73 und 2-54), Goethestraße (Nr. 1, 3, 9, 11), Grünstraße, Horst, Horststraße, Jägerstraße (Nr. 1-17 und 2-18), Jahnstraße, Kaiserstraße, Karlstraße (nur Nr. 37), Kölner Straße (Nr. 1-29 und 6-48), Kirchstraße, Königstraße (Nr. 2-16 und 19-23), Königgrätzer Straße (Nr. 2-12), Luisenstraße, Martin-Luther-Straße (Nr. 2-26 und 7-25), Mittelstraße, Moltkestraße (Nr. 1-15 und 2-16), Neuer Markt, Robert-Stolz-Weg (Nr. 3-9a und 6), Schillerstraße, Stöcken (Nr. 1-7, 9, 12, 19-21), Talstraße (Nr. 26-50 und 33-47), Thienhausener Straße (Nr. 2-10), Turnstraße (Nr. 2-22 und 3-21), Walder Straße (Nr. 1-9 und 2-16), Wilhelmstraße (Nr. 1-29, 4-10 und 18-30), Windhövel, Zeppelinstraße (Nr. 1-25a und 2-24).

       Die genaue Abgrenzung des Geltungsbereichs ergibt sich aus der Planzeichnung als Anlage zur Satzung.

2./   In Anlehnung an § 3 (2) BauGB sind die Entwürfe öffentlich auszulegen und dabei entsprechend § 4 (2) BauGB die berührten Träger öffentlicher Belange zu beteiligen.“