Betreff
Erwerb der Liegenschaft Kaiserstraße Nr. 10 - 14 in 42781 Haan
hier: Ertüchtigung des Haus Westfalen zur Unterbringung von Flüchtlingen
Vorlage
65/039/2022
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Wie in Vorlage 60/024/2022 erläutert und bereits vom Fachausschuss am
8. September einstimmig an den HFA empfohlen, bereitet die Stadtverwaltung die politischen Beschlüsse zum Ankauf der ehemaligen Landesfinanzschule vor. Nach Auskunft der Bau- und Liegenschaftsbetriebes vom 27. September steht einem Erwerb gem. § 15 Nr. 3 a) HHG NRW grundsätzlich nichts entgegen, d.h. die Liegenschaft des Landes könnte direkt und ohne öffentliches Ausschreibungsverfahren auf der Grundlage einer gutachterlichen Wertermittlung für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern von der Stadt Haan erworben werden. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb wird in Kürze ein Wertgutachten in Auftrag geben, dessen Ergebnis die Stadtverwaltung dem Rat der Stadt vorlegen wird.

 

I.      Flüchtlingssituation

Die Stadt Haan verfügt derzeit (inklusive der Unterkunft Düsseldorfer Str. 141 a) über insgesamt 430 Plätze für Flüchtlinge. Die maximale Aufnahmekapazität von 484 Plätzen könnte nur unter idealtypischen Umständen unter Außerachtlassung der sozialverträglichen Belegung der Unterkünfte erreicht werden.

Mit Stand heute sind von diesen 430 Plätzen ca. 70 Plätze unbesetzt. Das Amt für Soziales und Integration geht davon aus, dass der Eintritt in den Risikowarnbereich (Kapazität für Flüchtlinge und Obdachlose unter 50 Plätze) in Kürze eintreten wird. Es gilt, neue Unterkunftskapazitäten zu erschließen, damit die Aufnahme von Flüchtlingen als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung erfüllt werden kann. Allein durch die Belegung des Hotels Haus Poock mit aktuell rund 20 Personen, die auf eine Umverteilung in städtische Unterkünfte warten, fallen monatliche Kosten von rund 20.000,00 € an.

 

Das Land NRW geht nach dortigen Schätzungen für den Herbst / Winter 2022/2023 davon aus, dass allein in NRW etwa 3.000 bis 4.000 Flüchtlinge pro Woche ankommen werden. Für Haan wären dies unter Berücksichtigung der Aufnahmeverpflichtung der Stadt Haan (0,16 % der in NRW ankommenden Flüchtlinge) dann etwa 20 bis 25 Personen pro Monat. Die „Check-in Zahlen“, also die Tagesregistrierungen in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Bochum bestätigen in diesen Wochen bereits eine deutlich steigende Tendenz bei den Zugangszahlen.

 

Hierbei handelt es sich um Flüchtlinge nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW (FlüAG NRW). Das heißt, Ortskräfte aus Afghanistan und anerkannte Flüchtlinge mit Wohnsitzzuweisung (§12a Fälle) sowie Familiennachzug sind hier noch nicht berücksichtigt. Die Bundesregierung hat zuletzt einige Aufnahmezusagen für Ortskräfte aus Afghanistan ausgesprochen.

 

Die Aufnahmeverpflichtung der Stadt Haan im Sinne des FlüAG liegt zum 23.09.2022 bei 96,33 %. Das bedeutet, dass die Stadt Haan noch weitere 15 Personen aufzunehmen hätte, um die Erfüllungsquote von 100 % zu erfüllen. Die Aufnahmequote zur Wohnsitzauflage nach § 12 a AufenthG liegt zum 25.09.2022 bei derzeit 88,41%. Demnach liegt ein Minus von 47 Personen vor, die die Stadt Haan im Rahmen der Zuweisungen aufzunehmen hätte.

 

Steigen die Flüchtlingszahlen so wie vorhergesagt und erfolgen kurzfristig weitere Zuweisungen, stehen sehr bald nicht genügend Unterkunftskapazitäten zur Verfügung.

 

 

II.    Ertüchtigung des Hauses Westfalen

 

Um dem kurzfristigen Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten zu begegnen, schlägt die Verwaltung vor, in drei Schritten vorzugehen:

 

1.    Schritt

Kurzfristig ist es machbar, die 1. Etage des Hauses Westfalen betriebssicher zu ertüchtigen. Damit wäre eine Kapazität von 18 Plätzen in zwei Einzel- und acht Doppelzimmern geschaffen. Die notwendigen Arbeiten zur Ermöglichung einer kurzfristigen Nutzung des gesamten 1. OGs ist nachfolgend zusammengefasst in:

 

Sanierungsarbeiten 1.OG:

-       Erneuerung der Elektroinstallation auf der Etage (Aufputz)

-       Erneuerung der Unterverteilung auf der Etage (UV)

-       Nutzbarmachung der bestehenden WC und Duschanlagen

(keine Schönheitsreparaturen)

-       Erneuerung Fußboden (PVC)

-       Anstrich der Räumlichkeiten

 

Der Kostenansatz für die einfachste Instandsetzung des Gebäudes für das gesamte 1.Obergeschoss zur Schaffung von 18 Unterbringungsplätzen liegt bei rund 144.000,00 Euro brutto ohne die Berechnung der Kosten für Unvorhergesehenes (siehe Anlage 2, Seite 1, rote Markierung).

 

Die Kosten für 5 Unterbringungsplätze im Rahmen einer Teilertüchtigung der 1.Etage (Minimalsanierung) wurden im August 2022 auf 80.000 Euro, zzgl. einer Risikopauschale für Unvorhergesehenes auf 100.000 Euro brutto geschätzt.

(s. Anlage 1)

 

 

2.    Schritt

Die betriebssichere Ertüchtigung der 1. Etage ist auf mittlere Sicht nicht ohne die anteilige Erneuerung der haustechnischen Anlagen, die abgängig sind, der Gesamtliegenschaft möglich. Die Kosten hierfür werden auf rund 790.000,00 Euro brutto (KG400 plus KG700 tw.) geschätzt inkl. Honorare ebenfalls ohne Risikozuschlag und ggf. notwendiger, ergänzender Fachplanungskosten und sind aktuell mit einer Kostensteigerung von ca. 122 % fortgeschrieben worden zum bestehenden Angebot. (s. Anlage 2)

 

 

3.    Schritt

Im dritten Schritt schlägt die Verwaltung – immer in Abhängigkeit zu der aktuellen Flüchtlingssituation – vor, die Etagen EG bis 3. OG, ergänzend zum 1. OG, zu ertüchtigen. Insgesamt bietet das Haus Westfalen eine maximale Kapazität von 70 Unterbringungsplätzen.

 

Für diesen Schritt fallen zusätzliche Kosten in Höhe von 483.000,00 brutto ohne Risikobudget. (s. Anlage 2)

 

 

Das Kellergeschoss wie das Dachgeschoss werden aus Betriebssicherheits- und Unfallrisikogründen nicht für die Nutzung einbezogen, lediglich die haustechnischen Anlagen werden in diesem Kostenansatz entsprechend ertüchtigt.

 

Erklärung zu den haustechnischen Anlagen:

Für die mit dieser Mängelbeseitigung notwendig gewordenen Grundsanierung der elektrotechnischen Anlagen hatte das GM Anfang 2021 durch einen externen Fachplaner eine Grobkostenschätzung zur Beseitigung der Mängel erstellen lassen. Die geschätzten Kosten für die Wiederherstellung der Betreibersicherheit im Bereich der haustechnischen Installation belaufen sich auf rund 670.000 Euro brutto (2.Quartal 2022) zzgl. Honorare. Die Zahlen zur Kostensteigerung zum 03. Quartal 2022 (BKI-Daten) liegen bislang nicht vor und müssen in der weiteren Kostenbetrachtung Berücksichtigung finden.

 

 

Zeitrahmen

Für die Umsetzung des 1. Schrittes rechnet die Verwaltung mit einem Zeitrahmen von ca.  3 bis 5 Monaten. Ob und inwieweit der 2. Schritt gleichzeitig in die Umsetzung geht, entscheidet das Gebäudemanagement nach erneuter Hinzuziehung des beauftragten Fachingenieurbüros.

 

Für die Umsetzung der Maßnahmen, die im 3. Schritt anstehen, plant das Gebäude-management je nach notwendiger Anforderungslage der notwendigen Unterbringungs-kapazitäten vorzugehen.

 

1.    Schritt 1.Obergeschoss / 3 bis5 Monate

Ertüchtigung 1.Obergeschoss bei Nutzung der hauseigenen Vertragspartner

 

2.    Schritt Sanierung Haustechnik Gesamtliegenschaft / 6 bis 10 Monate

Ertüchtigung Haustechnik der Gesamtliegenschaft und Sanitärinstallation

 

3.    Schritt Sanierung der restlichen Etagen / 8 bis 18 Monate

Gesamtinstandsetzung aller Geschosse EG, 2.-3-OG
Ausschreibung und externe Ausführung sind hierbei notwendig

 

Die zeitnahe Umsetzung der Maßnahme steht in Abhängigkeit der zu treffenden Entscheidung, die Umsetzungskosten werden sich entsprechend der Marktlage und der Entscheidungsdauer entsprechend entwickeln. Die aktuelle Marktlage heranziehend, ist mit einem Kostenanstieg von ca. rund 9,8 % pro Quartal zu rechnen. Eine präzise und belastbare Kostenaussage hierzu kann aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Situation in Europa nicht belastbar getroffen werden. Die Hinzuziehung eines TGA Fachingenieurs ist bei dem Umfang der Arbeiten notwendig.

Ebenso können die Leistungen der KG 300 und 400 nicht ausschließlich durch die bereits gebundenen Rahmenvertragspartner abgedeckt werden, da die zu erwartenden Bausummen oberhalb der freien Vergabelimits liegt. Die notwendigen Ausschreibungsverfahren sind hier zeitlich ebenfalls zu berücksichtigen. Die Verwaltung prüft, inwieweit Erleichterungen für die Vergabe von VOB-Leistungen ausgeschöpft werden können, um die terminliche Umsetzung zu beschleunigen. (Mind. für den 1. Schritt ohne Ausschreibung)

 

In Anbetracht der derzeitigen Marktlage ist nicht nur die Verfügbarkeit von Materialien und Produktionszeiten als schwierig einzuordnen, sondern auch die Verfügbarkeit von Fachfirmen für die Umsetzung.

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, direkt im Anschluss an den noch zu tätigenden Erwerb der Landesfinanzschule die drei im Sachverhalt dargestellten Schritte 1 bis 3 nacheinander umzusetzen.

Finanz. Auswirkung:

 

Schritt 1

Herstellung der Betriebssicherheit 1.Obergeschoss ehemalige Landesfinanzschule

143.000,00 € (Brutto) einfachste Ausführung längerfristige Nutzung

für 18 mögliche Unterbringungsplätze

 

Schritt 2

Sanierung der haustechnischen Anlagen

790.000,00 € (Brutto) ohne Unvorhergesehenes

 

Schritt 3

Gesamtinstandsetzung der Etagen EG; 2.-3.OG ehemaligen Landesfinanzschule

483.000,00 € (Brutto) ohne Unvorhergesehenes

für 70 mögliche Unterbringungsplätze

 

Soweit der Erwerb der Liegenschaft noch in 2022 erfolgt und die Herstellung der Betriebssicherheit des 1. OG bis zum 31.12.2022 beauftragt werden kann, sind außerplanmäßig Haushaltsmittel für die notwendigen Maßnahmen bereit zu stellen. Im Übrigen sind die Mittel im Haushalt 2023 einzuplanen. Ob eine investive Einplanung vorgenommen werden kann, muss noch geprüft werden.

Nachhaltigkeitseinschätzung:

 

Die Verwaltung wird Nachhaltigkeitsaspekte im Rahmen des Budgets einfließen lassen.